Dieses Tagebuch des schrecklichen Abends und der anschließenden Woche dient auch zur Trauerbewältigung des immer noch unfassbaren Geschehens

Wer hätte gedacht dass dieser Sonntag der 14.08.2016 der schlimmste Tag in unserem Leben sein wird und es der Beginn einer neuen Zeitrechnung ist............ Die Zeit ohne unseren Chris............... eine graue triste dunkle Zeit hat für uns begonnen.

 

Chris hat sich an diesem Sonntag, mit Studienkollegen zur Projektarbeit für das Masterstudium verabredet. Seinen Wirtschaftsingenieurbachelor hat er jetzt schon ein Jahr in der Tasche und auch einen Top Job bei Schaeffler in Homburg bekommen. 

Für Ihn ist es sehr anstrengend, da er das Masterstudium parallel zur Arbeitszeit durchziehen möchte und hat das erste Master-Semester bis dahin auch super gemeistert. Hut ab vor der Leistung. 

An diesem schönen sonnigen Sonntagmorgen ist die Stimmung in unserer Familie prima. Wir machen noch Spaß, witzeln im Hof herum, necken uns gegenseitig und verabreden uns zum Grillen am Abend. Wir fahren dann hintereinander aus dem Hof..............

Das dies das letzte mal war, dass wir uns berührt und gedrückt haben, ist immer noch unbegreiflich und treibt mich in den Wahnsinn.

Wir fahren mit unserem Hund im Auto, Richtung Wald zum Gassi gehen und unser Großer fährt direkt hinter uns  zu seinen Kommilitonen, alles ganz normal und unbeschwert. Ich sehe Ihn noch im Rückspiegel in seinem roten Ford-Ka sitzen, als er hinter uns Richtung Autobahn abbiegt.

Das war das letzte mal das ich Ihn lebend gesehen habe.

Der Sonntag verläuft easy und schön, gegen Abend machen wir Feuer an und bereiten das Grillen vor.

Wir wundern uns, dass Chris noch nicht zu Hause ist. Chrisis Mama hatte ab etwa 17 Uhr ein  ungutes Bauchgefühl, im nachhinein betrachtet, ist sie der festen Überzeugung das Chrisis Seele schon bei uns zu Hause war um sie auf die anstehende Katastrophe vorzubereiten, denn der Unfall geschah um diese Zeit. Der Notruf bei der Feuerwehr ging um kurz nach 17 Uhr ein..................  

Ich fange dann später auch an Whatsapp Nachrichten zu schreiben da mein Schatzi immer unruhiger wird, bekomme aber keine Antwort. Es ist nun schon halb acht und ich werde so langsam auch nervös.

Normalerweise antwortete er spätestens nach 15 Minuten. Auch das Anrufen funktionierte nicht....nur Mailbox.

Man denkt sich dann und beruhigt sich selbst, dass schon nix passiert sei.

Gegen viertel vor acht fang ich dann an das Fleisch aufzulegen mit ungutem Gefühl im Bauch, da wir immer noch keine Antwort von Chris bekommen haben und schreib ihm eine letzte Nachricht: "lege jetzt Fleisch auf " ....auch diesmal keine Reaktion.

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Um 20Uhr10 klingelt es am Tor, meine Frau geht nachschauen, ich gehe instinktiv wegen dem schlechten Gefühl nach..................... und sehe drei Polizeibeamten und einen Seelsorger da stehen.

Unser jüngerer Sohn Mirko war zu Hause es fehlte nur unser Chrisi...........ich flehte die Polizisten an das nichts schlimmes mit unserem Sohn sei und merkte aber an der Reaktion das mein Flehen  leichtes Kopfschütteln der Beamten hervorrief die mit betrübten Blick darum bitten ins Haus gehen zu können............Ich brach im Hof zusammen und hatte von diesem Moment einen Art Tunnelblick mit Weinkrampf...........................................

Unser Schatz war zu diesem Zeitpunkt schon über zwei Stunden tot, deswegen kam auch keine Antworten auf meine Nachrichten mehr. Und wie schon erwähnt, meine Frau ist im nachhinein der festen Überzeugung ihn schon zu Hause gespürt oder gefühlt zu haben. Es war an diesem späten Nachmittag ein seltsamer Spirit in der Luft.

Er wollte ja auch nur nach Hause zu uns, seiner Familie, fuhr auf der Autobahn ans Stauende, einer weit vorher angekündigten Vollsperrung mit Umleitung, wartete dass es weiter geht, machte nichts verkehrt und war dann zur falschen Zeit am falschen Ort ......................................ohne Chance.

 

 

 

 

 

 

 

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Saarbrücker Zeitung 16.08.2016 Nr 190 B1

Bild online

Internetseite der Feuerwehr Völklingen Einsätze 2016

Am selben Abend

Am Abend dieses Horrortages hat sich noch bis spät in die Nacht die halbe Familie bei uns im Garten eingefunden um Beistand und Trost zu spenden und um einfach nur da zu sein.........es war jeder bis ins tiefste geschockt und es war ein Flehen und ein Weinen in der Luft........Ich erinnere mich noch dass ich wie in Trance mit Chrisis Lieblings-T-Shirt, dass er den Tag zuvor noch getragen hatte, vor dem Gesicht haltend, im Garten auf und ab gegeistert bin. Ich konnte ihn noch genau darin riechen und weinte permanent hinein, auch wenn keine Tränen mehr kamen..................

Montags morgens, es war Feiertag und auch der Geburtstag von Chris Oma Rita, gegen halb 6 machten wir uns auf den Weg zur Unfallstelle, ich konnte nicht fahren, Dany war irgendwie stärker oder gefasster als ich und traute sich zu unser Auto zu steuern, bei mir ging nichts mehr.

Die Baustelle mit Vollsperrung war immer noch...... wir fuhren im Gegenverkehr Richtung Völklingen und sahen dann die Unglücksstelle im Vorbeifahren. Am Globus Baumarkt fuhren wir ab und sind dann auf die Autobahn Richtung Saarbrücken aufgefahren.

Auf der Autobahn waren jede Menge Markierungen gemacht worden. Wir hatten noch keine Bilder im Internet gesehen und wussten somit auch nicht genau, an welcher Stelle unser Sohn getötet wurde und fuhren dann die Abfahrt ab, an der  der Verkehr, wie auch am Tag zuvor, von der Autobahn abgeleitet wurde. Diese Baustelle wurde dann um 9Uhr diesen Morgens aufgehoben, es war nur eine Wochenendbaustelle gewesen.

Wir fuhren dann parallel zur Autobahn Richtung Unfallstelle und sahen eine Fluchttür in der Schallschutzmauer der Autobahn.

Wir gingen durch diese zu den Markierungen, das waren dann etwa noch zwanzig Meter.......wir erkannten schnell die Stelle an der Chris totgefahren wurde..... Es waren noch jede Menge kleine roten Teile und Glasstücke auf dem Seitenstreifen, die Leitplanke war auch mit dem roten Lack des Ka's gezeichnet und zwischen den Markierungen der Reifen waren die Reste einer großen Blutlache noch zu erkennen gewesen......... Hier also hatte unser Schatz sein Leben ausgehaucht oder besser es wurde ihm auf brutalste Weise entrissen.

Ich brach hinter der Leitblanke zusammen und wir hielten uns weinend in den Armen.

 

Für uns ist es immer noch unvorstellbar wie man an dieser Stelle das Stauende übersehen kann, die Strecke ist dort übersichtlich, erst recht aus einem hohen sitzendem Land Rover, es war gutes helles Wetter, trocken, die Sonne im Rücken, die Vollsperrung wurde ab Globus ca. 2km zuvor im Leitsystem angezeigt, am Seitenrand kamen dann große Blinklichter die auf die Vollsperrung hinwiesen,

die Geschwindigkeitsbegrenzung war auf 60 km/h herabgesetzt, Chrisis Ford Ka hatte eine rote Signalfarbe....auf den Bilder der Völklinger Feuerwehr ist auch noch zu erkennen das die Blinker am Ka auch angewesen waren....da muss man blind oder sonstiges sein dass man das alles nicht sieht und wahr nimmt........ und trotzdem fuhr diese Frau mit hoher Geschwindigkeit mit ihrem über 2,3 Tonnen schweren Land Rover, der dadurch wie eine Waffe oder Bombe wirkt, auf der rechten Spur, wie in den Berichten erwähnt, nahezu ungebremst in unseren Schatz hinein.

Sie hätte können als Raserin auch links fahren und wäre dann in die Pylonen gedonnert und eventuell noch in ein Baustellenfahrzeug...... aber sie raste auf der rechten Seite in den Stau und tötete unseren Sohn.

 

Wenn es eine Vorbestimmung gibt,

dann wurde am 23. Februar 1976  leider das Schicksal von unserem Schatz besiegelt.

 

Chris war das letzte Auto des Staus gewesen und somit der erste Puffer und hat dadurch das Leben der vor Ihm warteten Menschen gerettet. Es waren noch Kinder auf dem Rücksitz der voraus stehenden Fahrzeuge, Chris war somit der Schutzengel dieser Kinder und Menschen gewesen...... was dann wiederum zu diesem wundervollen Menschen, unserem tollen Sohn passt.

 

 

 

Nachdem wir uns wieder gesammelt hatten sind wir dann Richtung Bestattungsunternehmen in Burbach ganz in der Nähe der Unfallstelle gefahren. Wir hatten die Adresse von den Beamten am Vorabend erhalten.

Wir standen dann Feiertags um 7 Uhr morgens vor dem Unternehmen und ich wusste mir keinen anderen Rat, außer dort anzurufen.

Wieder erwarten ging der Bestatter ans Telefon.... ich versuchte zu erklären wer wir sind.................... und als der nette Bestatter dann bemerkte dass wir vor dem Bestattungsunternehmen standen, kam er auch direkt nach unten zur Haustür und hat uns herein gebeten.

Er erklärte uns dass Chris gesperrt sei, eventuell obduziert werden muss und dann erst vom Staatsanwalt frei gegeben werden musste bevor wir zu ihm könnten und dass es da keine Ausnahme gäbe.

Wir bedankten uns dann einsichtig und fuhren wieder nach Hause.

Zuhause angekommen informierten wir den Rest der Familie über das Unglück was spät Abends des Vortages nicht möglich war.

Entsetzen und Schock war überall zu spüren und das Haus füllte sich wieder mit Familie.

 Am nächsten Tag, es war Dienstag der erste Werktag der Woche musste ich mich sammeln und alle Kraft aufwenden um alle möglichen Stellen über das schlimme Schicksal von Chris informieren zu können.

 

Gegen Mittag bekamen wir dann einen Anruf vom Bestatter, dass Chris frei gegeben wurde und nicht obduziert werden müsste.

Unser erster Weg war dann auch direkt zum Bestatter, um endlich unseren Sohn zu sehen. Der Bestatter warnte uns dass Chris noch genau wie im Rettungswagen als der Tot festgestellt wurde, mit allen Maßnahmen die ihn retten sollten, in einem Zinksarg liegen würde. Wir baten ihn darauf hin nachzuschauen ob er irgendwie entstellt sei, denn wenn das der Fall gewesen wäre, dann wollten wir ihn nicht mehr sehen und ihn so in Erinnerung behalten wie er vor dem Unfall war.

Der Bestatter ging darauf nochmals nachsehen und kam nach fünf Minuten zurück und meinte dass an Chris nichts zu erkennen sei, dass was zertrümmert oder entstellt wäre. Wir gingen dann nach oben zur Leichenhalle und sahen unseren Schatz dort im Zinksarg, ............er war noch teilweise abgedeckt, der obere Teil von ihm, ab Mitte Brust war aufgedeckt ........... er hatte den Kopf zur Seite liegen,  den Tubus noch im Mund, einige Infusionen an den Armen waren noch eingestöpselt und es war überall  Blut . Seine Augen waren leicht geöffnet und er schaute nach unten.

Dieses Gefühl von Ohnmacht, das einem da überkam, ihn da so liegen zu sehen........ unserem Sohn nicht mehr helfen zu können............ es irgendwie ungeschehen zu machen...................diese Hilflosigkeit............... hatte ich bisher noch nie in meinem Leben so gefühlt und gespürt. Es ist sehr schwer dies in Worte zu fassen....Es riss uns das Herz aus der Seele..............

 

Das einzige was wir noch für unseren Sohn tun konnten, wäre ihn fertig zu machen für seine letzte Reise. Wir fragten den Bestatter ob es möglich wäre unseren Sohn zu waschen und ihn für seine letzte Ruhestätte vorzubereiten................

Am nächsten Morgen waren wir dann wieder um neun Uhr im Bestattungsunternehmen. Der freundliche Bestatter wartete schon auf uns.

Wir legten Chris behutsam auf einen Waschtisch, wie man ihn aus den Tatortfilmen der Gerichtsmedizin kannte. Der Bestatter sagte das wir alle Zeit der Welt hätten unseren Sohn zu waschen und fertig zu machen.

Zuerst wurden alle Sofortmaßnahmen vom Rettungswagen entfernt.

Wir zogen dann unserem Schatz ganz vorsichtig die Kleider aus.

Ich erinnerte mich noch drei Tage zurück an die Kleider, die er morgens im Bad angezogen hatte, wie so oft waren wir zur selben Zeit im Badezimmer gewesen um uns startklar für den Tag zu machen. Er hatte seine kurzen Wohlfühlklamotten an diesem Sonntagmorgen angezogen...... 

Ich musste mich dann mehrmals neben ihn auf einen Stuhl setzen da mein Kreislauf  in die Knie zu gehen schien.

Chrisi hatte noch seine Apple Uhr angehabt, die wir dann vorsichtig auszogen. Auch diese war sehr stark mit Blut verschmiert. 

Wir wuschen dann, auch mit Hilfe des Bestatters der wirklich einen sehr guten und einfühlsamen Job machte, unserem Schatz das viele Blut, was schon teilweise eingetrocknet war vom Körper und den Haaren. Aus seinen Ohren lief beim vorsichtig seitlichen umdrehen auch weiter Blut heraus.

 

Chris hatte äußerlich keine größeren erkennbaren Verletzungen gehabt.

An der linken Schulter war einen brauner Fleck, wahrscheinlich vom Anschnallgurt, über dem linken Ohr eine kleine Schramme  von der  Brille, der linke Fuß war etwas verfärbt, da er dort wie wir später erfahren hatten mit den Pedalen eingeklemmt war.  Am Brustkorb hatte er seitlich rechts und links  zwei Löcher in höhe des Herzens.  Dort wurde  wohl noch eine Thoraxdrainage im Rettungswagen gelegt. An beiden Händen waren kleine Schnittwunden wahrscheinlich von den Seitenfenster.

 

Das viele Blut kam  von den inneren Verletzungen, bei einem so starken Aufprall würden extrem starke Scherkräfte im Körper entstehen, die dann die inneren Organe und die Aorta zum zerreißen bringen würden, dies wurde uns so später von mehreren Stellen gesagt, was uns dann auch Hoffnung macht, dass unser Großer nicht lange leiden musste sondern sofort Bewusstlos gewesen ist.........Hoffentlich.

 

Wir hatten seinen Anzug, den er sich noch kurz zuvor maßschneidern ließ, sein Lieblingshemd und auch einiges seiner Kosmetik wie Kräutercremes usw. mitgebracht. Denn Chris war immer sehr stark auf seine Körperhygiene und sein Äußeres bedacht gewesen und hatte deswegen auch jede Menge Pflegeprodukte zu Hause stehen.

 

Nachdem er gewaschen, angezogen und gecremt war lag er in dem Sarg als ob er schlafen würde. Chrisi bekam noch von seiner Mama Ihre Kette mit Ihrem goldenen Kreuz angezogen, welche sie Tag und Nacht getragen hatte.

Die leicht geöffneten Augen blieben auch geschlossen.

Wir deckten ihn noch mit seiner FC Bayern Decke zu, denn er war ein großer Fan des Vereines...................

 

Die Beerdigung konnte in dieser Woche aus zeitlichen Gründen nicht mehr stattfinden, und so war sie dann auf die darauffolgenden Woche Montags angesetzt....dass es dann Christophers 24. Geburtstag war, war ein weiterer Schicksalsschlag aber es war dann halt so. In dieser Woche waren wir täglich bis Sonntags bei unserem Sohn, er wurde immer aufgebahrt und veränderte sich auch nicht, er sah bis zuletzt aus als ob er schlief, wir hätten Ihn am liebsten mit nach Hause genommen, er sah so friedlich aus.

 

Die Familie und Freunde hatten auch die Gelegenheit sich von Chris zu verabschieden, was auch sehr angenommen wurde. Chris bekam noch  das eine und andere mit in den Sarg gelegt. Die Zeit an seinem Sarg raste nur so und so war sehr schnell Sonntag, der letzte Tag an dem wir Ihn sehen konnten. Nun hieß es auch von seinem "Luxuskörper", so wie er ihn immer nannte, für immer Abschied zu nehmen.

  

 

    

 

 

 

 

 

 

 

 

 

     

Anzeigen in Saarbrücker Zeitung und Wochenspiegel

in dieser Kirche war Anfang und Ende

Chris hatte hier seine Tauffeier und jetzt auch sein Sterbeamt erhalten

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Danksagung an die Belegschaft von Schaeffler